Donnerstag, 26. April 2007

Paradigmenwechsel

Erhitze mich und ich werde kritisch.

Bring mich zu meinem Phasenübergang und ich gewinne noch an Magnetismus.

Lass mich abkühlen und ich werde zum Paradoxon.

Spontane, nicht determinierbare Symmetriebrechungen in den tieferen Lagen….

Die mir innewohnende Clusterbildung führt zu Anomalien.

Mein Sublimationspunkt ist unbekannt, aber Du erlebst ihn unmittelbar.


Donnerstag, 19. April 2007

Solide

Ich weiß eigentlich nicht wirklich, wann ich entstanden bin.
Ich war einfach da.
Und mein Bewußtsein von mir selbst war es auch, vom ersten Moment an.

Aber ich gebe zu, ich weiß nicht wirklich viel von mir selbst.
Und am wenigsten weiß ich, was ich eigentlich bin. Aber ist dieses Wissen so wichtig?
Es ändert nichts an meiner Präsenz.
Und präsent war ich, bin ich , werde ich sein.
(Als was? Aber das ist egal, denn ich habe das Wissen um meine Unauslöschlichkeit.)

Ich erfuhr mich selbst das erste Mal, im ersten Augenblick meines Seins, in einer Mauer.
Warum ich wußte, dass es eine Mauer ist? Ich weiß solche Dinge. Mir steht das Wissen offen.
Das Wissen von allen, aber nicht über alles. Darin besteht ein feiner Unterschied.
Niemand weiß zum Beispiel, was ich bin. Das Wissen darüber ist allerdings vorhanden.
Wissen ist zeit- und grenzenlos. Doch der Zugriff darauf ist es nicht.

Ich befand mich also innerhalb einer Mauer. Und ich fühlte mich so nicht unwohl. Also erforschte ich die Mauer und entdeckte den Raum außerhalb ihrer Festigkeit.
Wobei Festigkeit relativ ist. Ich kann mich bewegen, wodurch auch immer ich möchte. Und ich manifestiere meine Kräfte gegen das, was ich soeben noch durchdrungen habe.
Ich lernte also. Und ich schaute aus der Mauer heraus.

Ich sah Räume im Raum. Und ich bewegte mich durch sie, ohne etwas zu bewegen.
Einige Zeit lang meinte ich, alleine zu sein. Das einzige Wesen meiner Art in einer leeren Welt ohne andere Wesen von anderer Art.
Doch dann kamen sie: zwei Wesen, die so kompakt waren, dass sie nicht fähig waren, zu durchdringen, wie ich es konnte. Sie waren also nicht von meiner Art.

Ich beobachtete sie.
Ich war einsam. Doch meine Stimmlosigkeit half mir nicht weiter, mit ihnen zu reden, wie sie es untereinander taten. Diese Unfähigkeit beendete kurzfristig mein Wohlbefinden in der Mauer und in den Räumen im Raum außerhalb der Mauer.

Warum konnte ich nicht was sie vermochten? War ich dazu absolut nicht im Stande oder war es eine relative Unfähigkeit, die Luft, die sie durchdrangen und die sie gleichzeitig zum Schwingen brachten, nicht auch zum Schwingen zu bringen, es ihnen gleich zu tun?
War es nur eine Unfähigkeit der Kommunikation zwischen mir und ihnen oder war es eine generelle Unfähigkeit des Kommunizierens, die auch Wesen meiner Art betrafen?

Ich konnte die Frage nicht beantworten, da ich ja nicht wußte, ob es welche meiner Art gab, da der Zugang zu diesem Wissen noch verschlossen, war. Daher fühlte ich Trauer .
Ja, ich kann fühlen. Ich streifte innerhalb der Mauer herum, von einer Mauer zur anderen Mauer, hinauf hinunter, suchte in dem Haus nach anderen meiner Art, doch die Suche blieb erfolglos. Ich wagte es auch nicht, die Wände meiner Entstehung zu verlassen, fühlte ich mich doch dort und nur dort wirklich sicher. Ich beschloß zu warten.

Eines Tages bebte die Erde. Ein Wenig nur, ließ die Wand vibrieren, ließ Gläser in Schränke vibrieren und andere Dinge ebenso, so daß die kompakten Wesen ungemein erschraken und ich erkennen konnte, dass sie dieses Erlebnis berührte. Ständig schauten sie auf Boden, Decke, Wände. Und sie schauten zu mir. Sie beachteten mich, ohne aber meine Anwesenheit wahrzunehmen. Doch allein diese Aufmerksamkeit mochte ich.

Also wußte ich, was zu tun war.
Wenn die kompakten Wesen im Stande waren, Luft zum Vibrieren zu bringen, so mußte ich doch Ähnliches auch tun können.
Im selben Augenblick ließ ich ein Bild von der Wand fallen.
Es war nicht so schwierig. Ganz im Gegenteil. Und wie ich es gelernt hatte, waren die kompakten Wesen sofort aufmerksam, betrachteten das herabgefallene Bild, den Haken, der in der Wand steckte. Sie redeten miteinander, redeten auf den Haken ein und berührten mich mitunter in der Mauer, was mir wohl tat. Ich schuf Vorräte des Wohlbehagens und der Beachtung. Einige Zeit lang war ich satt.
Doch dann kam der gleiche Hunger nochmals. Also ließ ich wieder ein Bild fallen, worauf sich das Prozedere wiederholte. Ich war glücklich. Zumindest so lange wie die Vorräte anhielten. Dann ließ ich noch ein drittes Bild fallen und erweiterte meinen Speiseplan, denn ich erhielt ein neues Gefühl der kompakten Wesen, dass sie um mich rankte, auch wenn sie gar nicht wußten, dass es mich gab: Angst.
Ein großartiger Lohn dafür, dass ich nicht viel Anstrengung aufwendete um die Bilder von den Haken zu lösen.

Einige Zeit später entschloß ich mich noch mehr Energie anzuzapfen. Ich ließ die Spiegel hintereinander von den Wänden fallen, nur einer pro Nacht, und doch genügte es.

Voller Freude gewahrte ich, dass sie mich nun persönlich ansprachen, mir einen Namen verliehen, der die Geburtsherkunft zwar nicht anzeigte, aber mir endlich eine Zugehörigkeit waren. Ebenso wurde ich in der Mauer – also eigentlich die Mauer – immer öfter mit ihren Blicken bedacht, was mich darauf schließen ließ, dass sie mich beobachteten. Sie nahmen mich zur Kenntnis. Doch es fehlte an Worten der Kommunikation.

Ich entschloß mich diesmal für die Rohre und auch dazu, es nicht bei einem singulären Ereignis zu belassen, sondern eine Serie von Ereignissen in meiner Mauer zu erzeugen.
Ich fand ein Rohr in den Hohlräumen der Ziegel, die mich nicht weiter interessierten, es sei denn meine Konzentration verlangte ihre Undurchdringlichkeit.


Ich bemühte mich diesmal um einen deutlichen Effekt. Daher klopfte ich jeden Tag um eine bestimmte, stets gleiche Zeit in der Nacht mit der immer gleichen Anzahl von Schlägen von innen gegen die Ziegel.
Ich weiß nicht, was mich mehr begeisterte: die Reaktion der kompakten Wesen oder die Töne, die ich erzeugt hatte, mir bestätigend, dass ich grundsätzlich zur Kommunikation fähig war.
Ich führte diesen Plan wochenlang aus, bis ich so satt war, dass ich nichts weiter mehr zu Stande brachte, so sehr hatte sich die Ängste der kompakten Wesen positiv auf mein Gemüt ausgewirkt. Es verging kein Tag, an dem nicht beide Kompakten sorgenvoll zu der Wand blickten, hinter der ich mich befand und jedes scheinbar an mich gerichtete Wort aufsog. Und ich war zuverlässig: jede Nacht, drei mal drei Schläge gegen die Ziegel.

Doch auch hier kam der Tag, an dem sie sich satt an meinem Klopfen gehört hatten und ich fand eines der kompakten Wesen mitten im Zimmer stehend vor. Plötzlich begann das Wesen mit seiner Umgebung zu sprechen, obwohl doch keiner außer ihm und mir anwesend war. Mir war, als redete es direkt mit mir. Und es tat es voller Unglück.

Kurze Zeit später sah ich, wie eben dieses kompakte Wesen begann, die Räume im Raum außerhalb meiner Mauer zu leeren. Ich begriff, dass sie eben diese Räume zu verlassen gedachte. Und das nun, da sie mit mir (oder zumindest zu mir , zu dem wo ich mich inwändig befand) gesprochen hatte!
Ich konnte nicht zulassen, dass sie mich zurückliess. Andererseits erinnerte ich mich noch an die Anfänge meiner Existenz, als ich diese Wand, die meine Wand war, verlassen wollte um andere meiner Art zu finden.

Panik bemächtige sich meiner. Hin – und Her gerissen wurde ich. Hier die wohlbekannte Wand, die mir Lebensraum war. Dort das kompakte Wesen, das mir Ursache und Anlaß der Kommunikation geworden waren und die ich nun nicht von mir entschwinden sehen wollte.

Ich faßte all meinen Mut und glitt in eine große Schachtel die gefüllt mit ihren Dingen war.
Dann verließ ich gemeinsam mit ihnen die Räume im Raum außerhalb meiner Wand, die nun nicht mehr meine Wand war.

Wir kamen in andere Räume, und da sie sich in einem anderen Haus befanden, hegte ich schon die Hoffnung, hier andere meiner Art zu finden. Voller Aufregung glitt ich in die neuen, ungewohnten Mauern. Doch ich fand niemanden vor.
Aber zumindest war ich bei den kompakten Wesen – wenn auch ausgehungert.

In den Räumen, die noch frei von Bildern und Spiegeln war, fand ich ein Metallgestänge, das eine Treppe von dem Raum darunter trennte.
Also ließ ich das Gestänge erklingen. Und wie vortrefflich es klang, so gut, dass ich sogar differenzieren konnte und unterschiedliche Töne erzeugte.
Das kompakte Wesen reagierte sehr überrascht. Es versuchte herauszufinden, welcher Defekt in dem Rohrgestänge bestand, bis es zu der Erkenntnis kam, dass die Geräusche unmöglich darin ihre Ursache hatte. Dabei streifte sie immer wieder das Gestänge und die Mauer dahinter, und redete auf mich ein.
Ja, ich sage es bewußt so, denn ich meine, sie dachte auch mit mir zu sprechen.
Das bedeutete mir ungemein viel….
Ich genoss es, endlich die mir zustehende Aufmerksamkeit zu erhalten.


Ich bin in der Mauer . Ich bleibe in der Mauer Ich umgebe Euch in der Mauer. Manchmal klopfe ich und ihr wendet voller Angst Eure fragende Stimme an mich. Ich brauche nicht zu antworten, aber ich genieße es, dass ihr mit mir sprecht. Eure Aufmerksamkeit ist meine Nahrung. Wenn ihr fortzieht, ziehe ich mit Euch.
Daher werde ich immer in der Mauer sein und ihr werdet immer die kompakten Wesen sein, die nie die Mauer durchdringen können.

Dienstag, 17. April 2007

Warnung

Mann, mögest Du achten auf die böse Fee,
die hinter Licht und Sonne wandelt.
Hier erwartet, jaget sie,
wer die Schönheit zu sehr liebt.
Ritter, Prinzen, edle Männer,
denen sie lustvoll Lust erbringt,
erleidenswerte Leidenschaft.

Im Dunklen löscht die Fee jedoch
deren wohlgestalte Illusionen auf.
Zeigt sich ihnen als Schreckensbild,
zeigt ihnen ihrer Haut entledigt,
ihre eigne Häßlichkeit.
Drum, Mann, der so begehret,
meide wohl die Finsternis.

Wir werden ins Wasser geboren....

Wir werden ins Wasser geboren.
Anfangs treiben wir dahin, schwerelos, sind umgeben von der Flüssigkeit, spüren die Strömungen, aber es besteht kein Zwang, eine Richtung einzuschlagen, unseren Bewegungen Ziel, Streben zu geben.
Langsam treiben wir an die Oberfläche, sehen uns um, erkennen, dass kein Land erkennbar ist, aber wir lernen zu unterscheiden, dass es ein Oben und ein Unten, Wasser und Nicht-Wasser gibt. Aber noch sind wir im Stande, auch unter der Oberfläche zu existieren, und nach unten nimmt das Wasser kein Ende, kein Grund ist erkennbar. Es besteht auch keine Notwendigkeit, ihn zu erkennen.
Doch irgendwann, als wir wieder an die Oberfläche kommen, sehen wir am Horizont eine Küste, ein Ende des Wassers, weit entfernt und daher belanglos. Wir tauchen wieder unter, und dann doch wieder auf, denn die Küste hat unsere Neugierde geweckt. So bewegen wir und aufwärts und abwärts.
Doch unmerklich wird es schwieriger unter Wasser zu atmen, bis wir merken, dass wir nun jedes Mal zum Luftholen an die Oberfläche müssen und aus dem Freiwilligen wird ein Zwang, das erste Mal in unserem Leben sind wir zu etwas gezwungen.
Doch andererseits wird das, was sich am Horizont zeigt, immer interessanter. Eines Tages bemerken wir, dass diese Küste uns in allen Himmelsrichtungen umgibt. Es ist ein Schock, denn wir begreifen schlagartig, dass das Wasser ein Ende hat, dass es begrenzt ist.
Lange tauchen wir unter, kommen nur kurz an die Oberfläche. Doch das, was wir dort sehen ist nach wie vor vorhanden. Doch wir tun es schließlich ab, denn das Wasser ist noch immer unser Reich, in dem wir tauchen können, wie es uns gefällt.
Doch dann kommt der Moment, als wir in den Tiefen eines Tauchgangs den Boden, den Grund des Wassers erreichen. Wir sind erstaunt, denn dass es ihn gibt, haben wir nicht erwartet. Was bedeutet es nun? Dass das Wasser sowohl zu den Seiten hin als auch nach unten begrenzt ist. Wir nehmen es hin, denn uns bleibt nicht anderes übrig.
Seltsamerweise macht das Schwimmen und Tauchen nun nicht mehr soviel Freude wie früher und einige Zeit lang, verharren wir wassertretend und sehr nachdenklich.
Aus dem Nachdenken heraus beginnen wir auf die Küste zuzuschwimmen. Doch je näher wir ihr kommen, desto stärker wird die Strömung, die uns wieder von ihr wegdrängt, so daß wir sie nur aus der Ferne erahnen können, niemals jedoch erreichen.
Da überkommt uns eine trotzige Lust. Wir tauchen unter und wieder auf, toben im Wasser herum wie spielende Delphine, um zu zeigen, dass wir nicht willens sind, uns unsere Freud zu nehmen. Bis wir schließlich erschöpft sind und uns treiben lassen, um Ruhe zu finden.
Gedankenverloren, wassertretend, schauen wir uns um, die Küste ist noch immer da.
Und in diesem Augenblick passiert es: Wir fühlen, wie unsere Füße den Grund unter dem Wasser berühren. Wir erschrecken, denn das hatten wir nicht erwartet. Wir versuchen zu begreifen, was es bedeutet und geraten dabei in Panik. Wir schwimmen drauflos, egal wohin, halten uns an der Oberfläche, um ja nicht mehr mit dem Boden in Berührung zu kommen. Wir schwimmen so lange, bis uns unsere Kraft verläßt, dann stehen wir. Ja wir stehen, auf dem Boden unter dem Wasser.
Zu diesem Zeitpunkt, als unsere Füße festen Halt haben und unser Körper bis zu den Schultern im Wasser steht, akzeptieren wir es. Es ist nicht leicht. Wir warten, überlegen, aber es ändert sich nichts. Nein, doch ändert sich etwas, während des Wartens sank der Wasserspiegel und gibt unseren Oberkörper bis zur Brust frei.
Wir stehen vor der Entscheidung was wir weiter tun wollen: Schwimmen, solange es noch geht, oder gehen, am Boden, doch bei beiden ist die Frage: wohin?
Denn egal was wir tun, die Küste bleibt gleich fern. Die Strömung hindert uns sie schwimmend zu erreichen, unsere im Untergrund versinkenden Füße verhindern das Herankommen zu Fuß.
Bis es dann so weit ist, dass wir uns nicht mehr schwimmend fortbewegen können, denn das Wasser reicht nur mehr bis zur Hüfte. Die Entscheidung wurde uns abgenommen.
Wir waten durch das sinkende Wasser, irgendwohin, bis es uns nur mehr zu den Knien reicht und wir resignieren. Wir lassen uns zu Boden sinken, fühlen, wie das Wasser uns noch benetzt, dann ist es Schlamm, in dem unser Körper einsinkt.
Unsere Hände ruhen in den Lachen, die noch vorhanden sind, damit wir die Verbindung zum Wasser halten, doch dann sind auch die ausgetrocknet.
Wir fühlen, wie unser Körper, halb vom Schlamm umgeben, schwer wird und unsere Bewegungsfreiheit schwindet.
Der Schlamm um uns, der einmal der unerreichbare Boden des Wassers war, beginnt zu trocknen, wird hart und schließt uns ein, so daß wir mit ihm erstarren.
Ein letztes Mal schauen wir zur Küste, die fern ist wie zu Anfangs, dann lassen wir den Kopf auf den rissigen, harten Boden sinken und geben uns der Erstarrung hin.

Sonntag, 15. April 2007

Am Himmel steht ein halber Mond,
es ist zu spät für Sirius,
zu früh für die Plejaden.
Eine Krähe pickt an dem,
was die Strasse und die Reifen
von einer Kröte übrig liessen.


Mittwoch, 11. April 2007

Decision



Left? Or right?

I rather prefer going in between....

Cutting

Dann löschte sie einen Beitrag nach dem anderen aus seinem Forum. Und es waren nicht wenige, so daß sie über eine Stunde daran arbeitete.
Hätte sie jemand gefragt, warum sie es tat, so wäre ihre Antwort einfach gewesen: ich möchte keine Spuren hinterlassen.

Im Grunde hatte sie angekündigt, dass sie so handeln würde. Ihr fehlte dieses Bemühen der Menschen, Bleibendes zu schaffen, Dinge, die noch weiter existierten. Und wenn sie es denn doch tat, so maß sie ihnen keine Bedeutung bei. Es war ihr gleichgültig, ob sie in Vergessenheit geriet, ob jemand nach ihr fragte. Ganz im Gegenteil: das Spurlose entsprach ihr, sagte ihr zu, stimmte mit ihrem Wesen überein.

Als nächstes lösche sie sämtliche Mails, SMS und die Fotos, die sie von ihm gespeichert hatte. Sie verschob die Texte mit den Gedicht und dem Fragment einer Geschichte, die er ihr geschickt hatte, in den Papierkorb ihres PCs.
Anschließend änderte sie die Namenseintragung bei seiner Telefonnummer in ihrem Handy, so daß er von der privilegierten Stelle an dem zum Alphabet passenden Platz in der Namensliste rutschte.

Wie einfach dies alles ging, und wie erleichtert sie sich bei jedem Enter, jedem „Durchführen“ fühlte: als schnitt sie Faden für Faden von dem durch, was sie am Boden fixiert hatte.

Mochte er seine Prüfung bestanden haben, das, wozu er sie gebraucht hatte. Mochte er die Frist geschafft haben und sie nach wie vor begehren, vielleicht sogar wirklich in sie verliebt sein.
Sie hatte ihre Herausforderung nicht bestanden, aber im Grunde hatte sie sie gar nicht angenommen. Statt dessen hatte sie dem statt gegeben, was schon so lange in ihr zog und zerrte, ihr ein Bedürfnis war. Sie wollte sich umdrehen und gehen. Wie sie es ihm gesagt hatte, dass sie im Stande dazu wäre. Umdrehen und gehen, ohne auch nur einmal zurück zu sehen. Ohne einen Abschied, der doch nur der Lächerlichkeit einer Entschuldigung für ein nicht begangenes Vergehen gleich kam.
Wie sehr hatte sie es ersehnt, dies tun zu können, von seinem ersten Versuch einer Erklärung an.
Wie sehr hatte er sie dazu gemahnt, es diesmal nicht zu tun, denn das war es vielleicht, was sie durch und mit ihm lernen konnte: zu bleiben und vielleicht Wurzeln zu schlagen, anstatt wieder mit dem sich drehenden Wind fort zu gehen. Bleiben, ja, aber wofür?

Nein, sie brach die Brücken ab, ließ nichts zurück, nahm auch nichts mit. Streifte ab, was sie bewegte, was sie fühlte. Und dann war es vorbei.

Er merkte es am nächsten Tag, als er das Forum betrachtete. Einfach nur die Beitragsanzahl, die geringer geworden war. Ein Blick in den Administrator-Bereich genügte, und er war im Bilde, was geschehen war. Er wußte, was sie getan hatte, wußte, wieso sie es getan hatte.

Dann rief er sie an.
Auf dem Display ihres Handys erschien sein Name und blinkte im Takt des Läutens. Sie starrte auf die Anzeige, mit schief gelegtem Kopf und vollkommen teilnamslosen Gesichtsausdruck. Als der Anruf auf die Mailbox sprang, wurde er beendet.

Er legte auf.
Es tat weh, als ihm die Tränen in die Augen stiegen, das erste Mal seit Langem, dass er dies verspürte.
Er wußte, er würde es später wieder probieren sie anzurufen. Und er wusste, dass sie auch später nicht abheben würde…

Montag, 2. April 2007

Jokerman

Und der Narr springt vor dem König auf und ab.
Er schreit hinaus, was niemand zu sagen wagt.
Seine Stimme ist es, die sich erhebt, seine Stimme, und niemand erbebt. Er sieht der Königin unter den Rock. Sie kichert und läßt zu, genießt die Berührung des Unberührbaren. Sie erlaubt, was unerlaubt ist. Der König jedoch, seinem Blick entgeht nichts. Doch es ist nur der Narr, der dies tut. Somit – keine Gefahr.
Doch der Narr hüpft um den Thron herum, entwendet dem Haupt des Königs die Krone mit raschem Griff. Er dreht sie um seinen Narrenstab und singt. „Schwindel ist ihm, dem schwindligen Reif…“ und alle lachen.
Der König, er klatscht vor Begeisterung als der Narr mit dem Reichsapfel jongliert. Und er läßt ihn fallen, als der Narr ihm diesen kostbaren Ball zuwirft, schafft es nicht, zu fangen, was zu scharf geschossen war. Verbeult ist die goldene Kugel, doch es macht nichts, denn es war doch nur der Narr.
Und der Narr singt zotige Lieder auf die Königin, von dem Treiben der Ritter, die ihr huldigen. Sie errötet und kichert neuerlich, versteckt das Gesicht hinter dem Fächer. Denn nur der Narr und sie wissen, wer ihr beigeschlafen hat, als der König nicht im Schlosse war.
Gleich darauf schlägt der Narr ein Rad und noch im Fluge holt er sich des Königs Zepter. Er wirbelt es durch die Luft wie ein Tamburmajor, schlägt den Ministern damit auf den Kopf und schreit hinaus, dass dies der Knochen ist, der dem Volke zum Abnagen geblieben ist. Die Minister johlen und schlagen sich auf die Knie vor Lachen. Der König- er tut es ihnen gleich. Und wieder die Königin, die hinter dem Fächer lacht, bis ihr die Tränen kommen, doch sie weiß nicht wieso.
Doch der Narr treibt es immer bunter. Des Königs Purpurmantel wird zu Schwingen, die den Eingekerkerten aus dem Verließ davontragen sollen, doch dann ist er sogleich die Blutlache, die aus dessen abgeschlagenen Kopf sich ergießt. Laut kreischt der Narr, weil so viel Blut aus so viel Köpfen den Burghof stinkend macht. Mit der Stimme des Königs schimpft er und die Höflinge kreischen vor Vergnügen, denn so trefflich ist der Narr in seinen Künsten.

Doch dann bleibt der Narr stehen, ganz ruhig. Sieht sich um, bis das Lachen verebbt ist. Groß ist die Erwartung der Zuschauer, denn sie erhoffen sich den Höhepunkt der Kapriolen. Und da, man sieht wie der Narr Atem holt, als ob er zu dem größten aller Kunststücke ansetzen will. Gleich wird er es tun, gleich wird er den dreifachen Salto über die Hofdamen und die Lakaien machen. Da!

Doch der Narr spricht in die Stille: „König, ich will nicht länger Euer Narr sein, sonst bin ich der meinige. Wenn ich Euer Narr bleibe, so halte ich mich selbst zum Narren. Und mein Gewissen verträgt keine Narreteien mehr!“

Da erhebt sich der König und schreit laut: „Ergreift den Narren. Richtet ihn hin, denn er hat mich angelogen! Und der Narr darf nie lügen!“